In der Höhle der Grünen

Letze Woche hat es mich aus Interesse in eine „Informationsveranstaltung“ der örtlichen Naturschutzgruppe verschlagen. Der Referent Felix zu Löwenstein hielt einen durchaus spannenden und interessanten Vortrag zu dem Thema: „Welternährung in Zeiten von Klimawandel und globaler Ressourcenkrise“. Natürlich war ich in den meisten Punkten absolut anderer Ansicht als der Vortragende, aber dennoch konnte ich einige interessante Denkanstöße mitnehmen.

Zu Löwenstein erläuterte in seinem Vortrag drei Thesen: 1. Es bedarf keiner Produktivitätssteigerungen, um die Welternährung zu sichern. 2. Die konventionelle Landwirtschaft kann nicht weiter geführt werden. 3. Die ökologische Landwirtschaft kann die Weltbevölkerung ernähren.

Um die These zu stützen, dass es keiner Produktivitätssteigerung bedürfe führt Löwenstein an, dass 50% aller Lebensmittel verderben und es ausreiche, diesen Anteil zu reduzieren. Meiner Ansicht mag das stimmen, aber trotzdem könnten Produktivitätssteigerung ab einen bestimmten Punk billiger sein, als mit hohem Aufwand den Anteil der Lebensmittel die tatsächlich verzehrt werden zu steigern. Wenn  Produktivitätssteigerung möglich sind, warum darauf verzichten?

Die zweite These, die konventionelle Landwirtschaft könne nicht weiter geführt werden ist schon interessanter. Löwenstein führt verschiedene Argumente gegen die konventionelle Landwirtschaft ins Feld. Die erste ist der Ressourcenverbrauch, der mit der konventionellen Landwirtschaft einhergeht. Zur Herstellung von Kunstdünger ist viel Energie notwendig, was zum Beispiel am Haber-Bosch-Verfahren liegt. Da die fossilen Energieträger zu Neige gehen, sei ein Umdenken erforderlich. Diesem Punkt kann ich mich nicht anschließen, da durch neue Fördertechniken die Reichweite der fossilen Energieträger wieder steigt, im Fall der Kohle mehr als 100 Jahre beträgt und sie zur Not auch durch Kernenergie ersetz werden können. Wenn es hier also ein Problem gibt, keines dass sich in absehbarer Zukunft stellen wird.

 Eine weiter endliche Ressource sei Phosphor. Dieser reiche nach den Optimistischen Schätzungen nur noch 300 Jahre. Dies ist Löwenstein zu wenig und stellt dem die 500 Jahre entgegen, die sein Gut schon bewirtschaftet werden. Auch hier sehe ich kein Handlungsbedarf in 300 Jahren können sich leicht Phosphorquellen erschließen, an die heute noch keiner denkt. Rückgewinnung aus der Kanalisation, Abbau aus dem Weltraum oder die Erzeugung durch Kernfusion seien mal als Denkanstöße genannt.

Weiter argumentiert Löwenstein mit der Umweltbelastung durch die Landwirtschaft. Das halte ich tatsächlich für sein stärkstes Argument. So führt er zum Beispiel auf, dass in Niedersachen an vielen Orten, die Grundwasserbelastung mit Stickoxiden über den Grenzwerten liegen und dass durch den Nährstoffeintrag in die Meere sich Todeszonen am Meeresgrund gebildet haben. Hier hat er mich tatsächlich teilweise überzeugt. Ich denke, dass Mechanismen sinnvoll wären, mit dem die Emissionen aus der Landwirtschaft begrenzen lassen. Allerding hat pro Ertrag gerechnet die Ökologische Landwirtschaft oft negativere Auswirkung auf die Umwelt als die konventionelle.

Um die These zu stützen, dass die ökologische Landwirtschaft die Weltbevölkerung ernähren kann nennt Löwenstein einige wohl erfolgreiche Projekte, bei denen mit ökologischer Landwirtschaft, ähnliche Effekte erzielen lassen, wie in der konventionellen Landwirtschaft. Dem mag so sein, aber Einzelfälle ändern nichts am großen Bild, dass Ökolebensmittel so teuer sind dass sie sich nicht jeder leisten kann und die technischen Voraussetzungen fehlen um damit wirklich das Groß der Menschheit zu ernähren.

Löwensteins Vortrag war durchaus angenehm zu folgen und er war für einen Grünen erstaunlich differenziert. So sah er die Zukunft in einem Systemwettbewerb zwischen konventioneller und ökologischer Landwirtschaft und sah ein, dass es auch in der ökologischen Landwirtschaft Spezialisierung und Großbetriebe geben muss, um konkurrenzfähig zu sein.

Die entscheidende Lücke in der Argumentation war, dass aus ihr nicht hervor ging, warum nun ausgerechnet die Ökologische Landwirtschaft die Lösung sein sollte. Er hat bestenfalls gezeigt, dass eine Input-arme Landwirtschaft notwendig sein könnte. Die Ökologische Landwirtschaft aber umfasst einiges mehr zum Beispiel den Verzicht auf Gentechnik. Andererseits ist in der Ökologischen Landwirtschaft die Verwendung von Naturstoffen auch dann legitim, wenn sie die Umwelt belasten. Meines Erachtens erkennt man daran, dass es den Befürwortern der Ökologischen Landwirtschaft nicht um die aufgeworfenen Probleme geht, sondern dass sie vielmehr durch ein Unbehagen gegenüber der Technik motiviert werden. Erst wenn man dieses Motiv in Erwägung zieht, machen die Regeln der Ökologischen Landwirtschaft Sinn. Die vielen Lücken in Löwensteins Argumentation waren also eine Folge davon, dass er nach den Prinzip agierte, ich habe eine Lösung jetzt suche ich mir ein Problem, um die Menschen davon zu überzeugen.

Der Interessante Teil des Abends begann nach dem eigentlichen Vortrag, als das Publikum einige Fragen an den Vortragenden stellen konnte. Wie bei so einem Vortrag nicht anders zu erwarten, bestand das Publikum überwiegend, aus überzeugten Anhängern der ökologischen Landwirtschaft. Zwei Beiträge sind mir noch besonders in Erinnerung. Der erste warf die Frage auf, warum es immer noch Widerstand gegen die Ökologische Landwirtschaft gibt, wenn doch die Fakten eindeutig für sie sprächen. Die Vermutung ging schnell dahin, dass es Wirtschaftsinteressen seinen, die die Politik entsprechend steuern. (Das war nicht der einzige Redebeitrag der in diese Richtung ging.) Die Wortmeldung fand ich aus psychologischer Hinsicht interessant. Die dargelegten Fakten, waren alles andere als eindeutig, sonder ließen einen weiten Raum für unterschiedliche Interpretationen. Aber statt zu akzeptieren, dass man mit der eigenen Meinung in der Minderheit ist, wurde versucht finstere Mächte dafür verantwortlich zu machen. Dabei ist es viel wahrscheinlicher, dass die konventionelle Landwirtschaft dominiert, weil sie eher den Interessen der Konsumenten entspricht. Natürlich spielt Lobbyismus in vielen Fällen tatsächlich eine Rolle, er gibt aber nicht den Ausschlag. Interessant finde ich, wie Technologiefeindlichkeit und die Ansicht, dass die Welt von wenigen Großkonzernen gesteuert wird oft Hand in Hand geht und die eine Sichtweise als „Beweis“ für die andere herhalten muss.

Der zweite Wortbeitrag stammt von einer Schülerin, die berichtet, dass eines Tages ihre Mutter völlig aufgelöst zur ihr kam und entsetzt darüber war, dass bald eine gentechnisch veränderte Maissorte zugelassen werden würde und sie stellte die Frage, wie man eine Change gegen einen großen und mächtigen Konzern wie Monsanto haben könne. Aus meiner Sicht ist die Angst vor Gentechnik völlig irrational, noch nie wurde ein Schaden durch Gentechnik verursacht und das ist auch kein Wunder, weil technisch gesehen bei der Gentechnik nicht viel anderes passiert, als in der Natur oder in der Züchtung sowieso viele tausendmal so oft geschieht. Für mich war der Beitrag ein Beispiel dafür, dass technikfeindliche Propaganda Schäden verursacht, indem sie die Menschen in unbegründete Schrecken versetzt. Der zweite Teil des Beitrags, war ein gutes Beispiel dafür, wie leicht man die Menschen dazu bringen kann etwas zu hassen, wenn man sie dazu bringt Angst vor etwas zu haben. Es ist sicher kein Zufall, das Saatgutfirmen und ihre Mitarbeiter immer wieder Opfer von Verbrechen werden. Die versammelte Runde war sichtlich stolz Europa gentechnikfrei gehalten zu haben, aber man muss bedenken dass man es mit den selben Mitteln geschafft haben, mit denen Rechtsradikale Städte ausländerfrei halten.

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7 Antworten to “In der Höhle der Grünen”

  1. Sam Says:

    Gute Zusammenfassung des Vortrags. Man darf auch nicht vergessen dass in Afrika ein Großteil der Landwirtschaft sich noch auf dem Niveau der Subsistenzwirtschaft befindet also kleinteilig und ohne Mechanisierung. Das mag zwar ökologischer sein aber führt auch zu einer extrem schlechten Versorgung der Bevölkerung.

  2. Robert Michel Says:

    @Sam: Guter Punkt. Wenn sich Afrika entwickelt kommt es ganz von alleine zu Produktivitätssteigerungen in der dortigen Landwirtschaft. Die Frage, ob man auf Produktivitätssteigerungen verzichten kann geht also ins Leere. Es wird einer der Entwicklungen sein, durch die sich die Lebensumstände deutlich verbessern werden.

  3. Mathias aus Frankfurt Says:

    Normalerweise lese ich deinen Blog ganz gerne. Dieser Artikel jedoch stört mich aufgrund vieler nicht-bewiesener Aussagen, die vielleicht sogar schlicht falsch sind.

    Wenige Beispiele für etwas, das unsinnig bis absurd ist:
    – „Wenn Produktivitätssteigerung möglich sind, warum darauf verzichten?“
    – „Dabei ist es viel wahrscheinlicher, dass die konventionelle Landwirtschaft dominiert, weil sie eher den Interessen der Konsumenten entspricht.“
    – „Interessant finde ich, wie Technologiefeindlichkeit und die Ansicht, dass die Welt von wenigen Großkonzernen gesteuert wird oft Hand in Hand geht und die eine Sichtweise als „Beweis“ für die andere herhalten muss.“
    – „Aus meiner Sicht ist die Angst vor Gentechnik völlig irrational, noch nie wurde ein Schaden durch Gentechnik verursacht und das ist auch kein Wunder, weil technisch gesehen bei der Gentechnik nicht viel anderes passiert, als in der Natur oder in der Züchtung sowieso viele tausendmal so oft geschieht.“

    (Wenn es wichtig wäre, würde ich mir jetzt Zeit für eine sachliche Diskussion nehmen.)

  4. Robert Michel Says:

    Was du an dem Satz „Wenn Produktivitätssteigerung möglich sind, warum darauf verzichten?“ auszusetzen hast verstehe ich nicht. Die These im Vortrag war, dass es neben Produktivitätssteigerung noch andere Methoden gibt, um die Versorgung einer Wachsenden Bevölkerung zu sichern. Mein Einwand ist, dass man Produktivitätssteigerung dennoch nicht vernachlässigen sollte, wenn die ohnehin billig zu haben sind. Das ist weder unsinnig noch absurd.

    Bei dem Satz „Dabei ist es viel wahrscheinlicher, dass die konventionelle Landwirtschaft dominiert, weil sie eher den Interessen der Konsumenten entspricht.“ muss man sich einig werden was die Interessen der Konsumenten sind. Ich denke dass die alles andere als politisch korrekt sind. Die Leute wollen Fleisch und sie wollen es billig. Darum setzt sich die konventionelle Landwirtschaft durch.

    Der dritte Satz ist jetzt nicht so wichtig.

    „Aus meiner Sicht ist die Angst vor Gentechnik völlig irrational, noch nie wurde ein Schaden durch Gentechnik verursacht und das ist auch kein Wunder, weil technisch gesehen bei der Gentechnik nicht viel anderes passiert, als in der Natur oder in der Züchtung sowieso viele tausendmal so oft geschieht.“

    Was bezweifelst du genau? Dass es noch nie einen Schaden durch (grüne) Gentechnik gegeben hat oder dass der Vorgang Naturvorgängen und älteren Techniken extrem ähnlich ist?

    „Wenn es wichtig wäre, würde ich mir jetzt Zeit für eine sachliche Diskussion nehmen.“

    Das finde ich schade weil sich sicher eine spannende Diskussion ergeben hätte.

  5. Leben, Freiheit, Eigentum Says:

    Ein sehr guter Artikel! Ich bin auch Anhänger der Gentechnik und finde die Gegnerschaft zur Gentechnik größtenteils irrationial. Was mich ganz besonders ärgert: Warum muss das Geschäftsgebahren Monsantos, das ich nicht gutheiße, herhalten, um gegen die Gentechnik zu polemisieren. Monsanto hat ja nicht nur gentechnisch veränderte Sorten im Programm. Und dass die Rechtslage so ist wie sie ist, dafür kann doch die Gentechnik nichts.

    Beim Nutzen und bei den Gefahren der Gentechnik setzt uns die Natur die Grenzen. Die Rechtslage aber haben die Menschen in ihrer Gewalt. Wenn Monsanto keinen (europäischen) Gegenspieler bekommt, dann wird Monsanto genauso auftreten wie bisher und die USA interessiert es auch nicht, wenn es ihrer Unternehmen mit dubiosen Methoden in anderen Ländern Kasse macht.

  6. Edgardo Y. Sparks Says:

    Die Abkehr von einer industriellen Landwirtschaft, die einen hohen Einsatz an chemischsynthetischem Dünger, Pestiziden und Maschinen verlangt, ist auch laut José Graziano da Silva, Chef der UN-Welternährungsorganisation (FAO), das Mittel der Wahl für die nachhaltige Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung. Löwenstein bekräftigt da Silvas Aussage und bestätigt ebenso, dass weltweit genügend Essen für alle ökologisch produziert werden kann – das Entscheidende ist, dass die Menschen ausreichend Zugang zu Land und Know-how haben, um ihre Nahrung selbst zu produzieren und dass neben der landwirtschaftlichen Produktion auch die Ernährungsstile an die Kapazität der globalen Ökosysteme angepasst werden.

  7. Robert Michel Says:

    @LFE: Dass man die Rechtslage und die Technik an sich trennen muss, ist ein Guter Punkt. Ich sehe das Patentrecht ohnehin kritisch. In der Saatgut-Branche gibt es Methoden, die garantieren, dass der Entwicklungsaufwand nicht an Dritte weitergegeben wird z.B. Hybridsaat. Damit ist ein darüberhinausgehender Rechtschutz überflüssig und führt nur zu einen unnötigen Konzentrationsprozess.

    @ Edgardo: Hast du ein genaues Zitat von José Graziano da Silva? Ich kann mir kaum vorstellen, dass die entwickelten Staaten von der intensiven Landwirtschaft abrücken können. Gerade die Notwendigkeit der maschinelle Landwirtschaft wird auch in der Ökologischen Landwirtschaft nicht bezweifelt. Was ich mir Vorstellen kann, ist das es für Unterentwickelte Länder sinnvoll sein kann, die Erträge nicht durch eine Intensivierung zu steigern, sondern durch ein mehr an Know-How, da so die Ernährungssicherheit schneller erreicht weden kann.

    „dass neben der landwirtschaftlichen Produktion auch die Ernährungsstile an die Kapazität der globalen Ökosysteme angepasst werden.“

    Ich sehe nicht, dass sich das durchsetzen lässt. Die Menschen werden auf ihr Fleisch nicht verzichten. Daher wird sich die landwirtschaftliche Produktion weiterhin an den Ernährungsstilen orientieren.

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